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Lagerfeuer und Spaghettata

Die offizielle Eröffnung war zwar reibungslos über die Bühne gegangen, aber die kleinen Schocktherapien gingen weiter.
Konrad Malfertheiner hatte bemerkt, dass am Kofl noch immer nicht der Armbrustschießstand aufgestellt worden war.
Dort nämlich sollten die Mannschaften, während sie auf ihren Einsatz beim Ringstechen warteten, die Möglichkeit haben, das Armbrustschießen zu trainieren.
Flugs mussten Gemeindearbeiter aus Völs herbeibeordert werden, um den Übungsplatz noch in letzter Minute aufzustellen.

Am Abend des Eröffnungstages gab es in Kastelruth zwei Plätze des Stelldicheins.
Im Goldenen Rössl saßen Organisatoren, Ehrengäste und Journalisten zu Tisch, im Zeltlager beim Tirlerhof machten sich Ross und Reiter bereit für die Nacht.

Einzelne Reiter trieben ihre Rösser noch über die Wiesen – sozusagen als letzten Trainingslauf -, andere scharten sich alsbald um das lodernde Lagerfeuer.
Es wurde gesungen und sich zugeprostet, während die Alpini die Mitternachts-Spaghettata zubereiteten.
Mit der Gemütlichkeit war es aber bald vorbei, denn um ein Uhr nachts meldeten einige Soldaten, dass bei zweien der fünf Militärlaster, die in aller Herrgottsfrüh die Pferde zur Trostburg bringen sollten, das Bremsöl ausgelaufen war.

Über den „Lusner-Konrad“, Konrad Malfertheiner, konnte dann doch noch – trotz nacht-schlafender Zeit – Bremsöl aufgetrieben werden.
Noch einmal zurück zur Mitternachts-Spaghettata.

Drei Jahre später, als der Ritt wieder in Kastelruth gastierte, war in der Nacht plötzlich aus dem Auto von Koch Benno Oberfrank der Kessel samt Sugo verschwunden.
Alles Nachfragen und Suchen half nichts. Erst als Kastelruths Bürgermeister Vinzenz Karbon mit einem sugoverschmierten Trachtenhemd auftauchte, war der Schelm und mit ihm das Ragù wieder gefunden. -Dennoch, trotz Pleiten, Pech und Pannen. war es einfach eine Riesengaudi.

Einige Reiter, die allzutief in das Weinglas geschaut hatten, haben geleuchtet, wie die Laternen«, erzählt Bummi Tschugguel.
Einer der Reiter war auch, am Morgen nach dem Weckruf noch derart beduselt, dass er gemeinsam mit seinem Pferd auf den Laster verladen wurde. Hoch zu Ross ging’s für ihn Richtung Waidbruck.
Beim alten Tunnel ober dem Zollhof musste der in Ausnüchterung befindliche Reiter aus dem Sattel gehoben werden, da er sonst den Tunneloberboden geküsst hätte.
Geweckt wurde übrigens wie im Krankenhaus, um fünf Uhr früh. Den Weckdienst versah kein Geringerer als Hans Peter Demetz selbst.

Als er die Sarner lauthals zum Aufstehen rief, flog ihm schnurstracks ein genagelter Schuh mitten ins Gesicht.
Obwohl alle im Nachhinein ins Schwärmen geraten, wenn sie von den Zeltlagern in Kastelruth, Seis und Völs erzählen, wurde dieses nach nur sieben Jahren aufgelassen.
Einerseits aus Angst vor übertragbaren Pferdekrankheiten, andererseits wegen des um sich greifenden sportlichen Ehrgeizes.

Die meisten Mannschaften legten sich im Laufe der Jahre einen Pferdeanhänger zu und bringen die Tiere mittlerweile nach dem Umzug wieder in den heimatlichen Stall.
Auch zu einer mitternächtlichen Spaghettata lässt sich keiner mehr hinreißen, schließlich will auch der Reiter am Wettkampftag ausgeschlafen sein.

Luise Malfertheiner & J. Christian Rainer